Beim Blaudruck handelt es sich um eine alte, leider schon fast in Vergessenheit geratene monochrome Fototechnik. Sie ist sehr einfach ohne großen Aufwand nachzuvollziehen und ergibt in ihrer Wirkung erstaunliche Ergebnisse. Ich möchte Sie also zum Ausprobieren einladen und Ihnen hier eine kleine Anleitung mit einigen Beispielbilder anbieten. Ich würde mich freuen, zu erfahren, wie es Ihnen dabei ergangen ist oder auch was ich besser machen könnte.
1842 entdeckte der Naturwissenschafter und Astronom Sir John Herschel ein Verfahren zur Herstellung von stabilen Bildern. Er fand eine chemische Eisenlösung, bei der das Eisen unter UV-Licht blaue Kristalle bildet. Die nicht zu Kristallen umgewandelte Lösung kann mit Wasser einfach wieder ausgewaschen werden. Er nannte seine Methode Blaudruck oder Cyanotypie. Anders als bei modernen Silbergelatine-Prints entsteht das Bild dabei direkt im Papier und nicht nur in einer Schicht an der Oberfläche.
Die lichtempfindliche Lösung ist äußerst einfach und kostengünstig (ca. €40 für die unten angegebenen Mengen ausreichend für Hunderte Bilder) herzustellen. Benötigt werden dazu zwei Chemikalien, die man in Großdrogerien (in Wien z.B. Neuber, Linke Wienzeile 152) erhält.
Für 1 Liter spätere Verdünnung benötigt man:
Diese beiden Rohzutaten werden getrennt in je 1/2 Liter Wasser aufgelöst. Die beiden Lösungen können in zwei getrennten Flaschen lichtgeschützt und kühl gelagert fast beliebig lange aufbewahrt werden. Dieser Ansatz kann bei Tageslicht geschehen.
Zum Beschichten des Papiers werden dann aus den zwei Ansätzen Teilmengen entnommen, die man im Verhältnis 1:1 vermischt.
Die Rezeptur ist dem empfehlenswerten Buch Monochrom und weitere Kunst-Printing-Techniken / Tony Worobiec u. Ray Spence / Augustus-Verlag / ISBN 3-8043-5140-9 entnommen.
Achtung: Mit Chemikalien ist mit entsprechenden Vorsicht und Sorgfalt umzugehen! Entsprechende Sicherheitshinweise sind den Gefahrendatenblättern zu entnehmen.
Als Unterlage für das spätere Bild wird Papier (aber auch Holz, Stoffe u.a. sind möglich) benötigt. Grundsätzlich ist fast jede Art von Papier verwendbar, da es aber naß beschichtet und später in fließendem Wasser gewaschen wird, ist dickeres wertvolleres Papier (z.B. Ölmalpapier 230g/m² oder Zeichenkarton) geeigneter. Es hält der Wässerung besser stand und trocknet auch wieder ohne große Verwerfungen.
Dieses Papier wird dann mit der in Pkt. 2 beschriebenen Mischung eingepinselt (so wie Sie es von Wasserfarben gewohnt sind) und getrocknet. Der Auftrag erscheint in hellgrüner Farbe. Auch ein ungleichmäßiger "Farb"-Auftrag kann später zu tollen Effekten beitragen. Aber Achtung! Die Mischung der beiden Chemikalienlösungen ist schon lichtempfindlich , daher muß der ganze Vorgang in möglichster Dunkelheit (eine schwache Glühbirne schadet aber noch nicht) geschehen! Auch das "angemalte" (sensibilisierte) Papier darf jetzt nur mehr im Dunkeln aufbewahrt werden.
Da bei der späteren Belichtung das Bild umgekehrt wird, ist ein (Schwarz/Weiß-) Negativ erforderlich. Füher hat man dazu Planfilm-Negative verwendet, die hat aber heute kaum noch jemand.
Daher erzeugt man die Negative am besten aus einem kontrastreichen und nicht allzu detailreichen Bild am besten mit einem Bildbearbeitungsprogramm seiner Wahl (Gimp als OpenSource-Software sei als Möglichkeit erwähnt).
Falls man ein Farbbild hat, wird dieses im ersten Schritt in ein Bild mit Graustufen umgewandelt, in einem zweiten Schritt wird es zu einem Negativ invertiert. Diese Vorlage druckt man dann auf transparenter Folie aus.
Auch Copy-Shops bieten meist die Möglichkeit, sich von seinem gewünschten Bild eine Kopie auf Transparent- (Overhead-) Folie machen zu lassen. Aber nicht vergessen, das Bild muß beim Kopieren invertiert (negativ) werden (Großkopierer können das meist).
Von Negativen auf weißem Papier (anstatt Folie) ist abzuraten, da das Papier zu wenig UV-Licht durchläßt.
Am besten eignen sich Bilder mit deutlichen Kontrastabstufungen, feine Grauverläufe werden nur grob wiedergegeben.
A. Originales Farbfoto
B. Graustufenbild
C. Negativ
D. Cyanotypie
Eine andere spannende Möglichkeit sind Fotogramme: Nehmen Sie einfach einen (flachen) Gegenstand und erzeugen davon einen "Abdruck". (z.B. Schlüssel, Blätter, Scherenschnitte, Zeichnungen auf Klarsichthüllen)
Das Belichten erfolgt mittels UV-Licht. Das Sonnenlicht oder ein sehr kräftiger Gesichtsbräuner (Solarium) genügen vollkommen.
Das Negativ wird auf das lichtempfindliche Papier gelegt und dann dem UV-Licht ausgesetzt. Die im Negativ hellen Stellen beginnen sich bald zu verfärben. Der Farbumschlag geht dabei von dem ursprünglichen Grün über ein dunkles Blau-Grün in Richtung Braun. Wenn sich die schwarzen (od. dunkelsten) Negativpartien im Bild auch schon deutlich verfärben, ist das Papier ausreichend belichtet. Angst vor zu langer Belichtung braucht man kaum haben, wird das Bild bei der folgenden Wässerung noch bedeutend aufgehellt.
Richtwert: An einem strahlenden Sonnentag wird die Belichtung zwischen 5 und 10 Minuten dauern.
A. Unbelichtetes sensibilisiertes Papier
B. Belichtetes Papier
C. Wässern
D. Fertige Cyanotypie
Anstatt der bei Silbergelatine-Bildern notwendigen chemischen Entwicklung mit Aktivatoren und anschließender Bildfixage reicht bei Cyanotypie-Bildern eine reine Wässerung unter fließendem Leitungswasser.
Das Bild wird dabei solange in den Wasserstrahl gehalten, bis alle Grün- und Brauntöne verschwunden sind (kein Grün mehr, alle weißen Stellen Reinweiß!) und ein rein blaues Bild übrig ist. Dann noch Trocknen. Sollten sich auf dem zum Trocknen aufgebreitem Bild noch leicht grünliche Lachen bilden, wurde zuwenig Gewässert und man sollte noch etwas nachspülen.
Wellt sich das Papier, so kann mit einer aufgelegten Glasplatte (z.B. aus einem alten Bilderrahmen) geholfen werden.
Was passiert im Papier:
Die nicht wasserlöslichen blauen Eisen(III)- Salzkristalle bleiben im Papier, während die grünen Eisen(II)- Salze ausgewaschen werden.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Hier noch einige Verweise zu anderen Cyanotypie-Seiten:
Ich bin kein Chemiker, das ist für diese einfache und damit erfolgversprechende Technik auch nicht nötig. Ich habe einfach Spass an der Fotografie, ob zeitgemäß oder beim Ausprobieren alter Techniken.
Name: Herbert Frank
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Aktuelles von mir findet sich auf www.liakada.net.